Gott ist auf dem Weg zu uns. Viele Menschen machen sich auf zu IHM. Das Bild vom Weg, dem Wegbereiter und uns, die sich bereitmachen auf diesem Weg ins Leben. WIR machen den Weg frei. Das ist einer der erfolgreichsten Werbesprüche, der Volksbank. Und es war das Lebensmotto von Johannes dem Täufer…
„Bist du es, der da kommen soll, oder sollen wir auf einen andern warten?“ Das fragen viele Leute. Johannes antwortet. Er bleibt nicht bei diesem Bild vom Weg, dem Weg durch die Wüste. Johannes erzählt uns etwas von einer anderen Wirklichkeit, der Welt im Reich Gottes. Hören wir mal genauer hin…
Hört Worte aus dem Lukas-Evangelium (Lk 3,1-14).
„Sag’ mir, was ich machen soll!“ – Vielleicht fragen Sie das auch jemanden, ab und zu, einen Menschen, dem Sie vertrauen – in guten wie in schlechten Zeiten. Der auch unterwegs noch vieles überblickt und weitersehen kann als ich, den Horizont im Blick.
Johannes ist den Menschen in dieser biblischen Geschichte wichtig, er ist der Wegbereiter. Er ist nicht nur ein großartiger Politiker, ein Mann der großen Worte. Er ist auch ein Asket, jemand, der mit wirklich wenig zufrieden sein kann, selbst in der Wüste glücklich ist mit dem, was er hat. Das beeindruckt mich!
Und dann besitzt dieser Johannes auch noch die Größe, diese Größe jemand anderem zu geben. Jemand, der es schafft, andere größer statt kleiner zu machen. Jemand, der es aushält, dass er selbst dabei klein bleibt.
Andere größer machen statt kleiner
Johannes verweist auf Jesus, auf jemand, von dem er spürt: Dieser ist größer als ich. Gottes geliebter Sohn. Johannes hat ihn getauft: Jesus Christus, den Messias, den wahren König. Vielleicht ging er bei ihm sogar in die Schule, Jesus bei Johannes. Er hat viel von ihm gelernt, zu predigen von Gottes Gerechtigkeit, dem Gericht wie es Johannes verkündet. Aber viel mehr noch von der unendlichen Gnade und Barmherzigkeit, Gottes Liebe.
Johannes, eine Person an der sich die Geister scheiden. Er schreit die Menschen an, lässt Gerichtspredigten vom Stapel. Vom Ton her, der bekanntlich die Musik macht, erinnert mich das an Wahlkämpfe in der Politik, z.B. die um ein Präsidentenamt, in den USA, Österreich und anderswo. Irgendwie passt das so gar nicht in diese traditionell besinnliche, gut bürgerliche Vorweihnachtszeit.
Die Adventszeit, eigentlich ist sie eine Fastenzeit, so wie zwischen Aschermittwoch und Ostern, eine Zeit der inneren Einkehr, auch der Buße und Umkehr, ein altes Wort, das es in sich hat – auch wenn es „out“ ist. Im Kern spüren wir, dass die Verhältnisse in unserer Gesellschaft nicht so sind, wie sie sein könnten. Meinungsumfragen bestätigen das und sogenannte Populisten ziehen ihren Vorteil daraus. Viele Menschen verängstigt das. Mich auch.
Wendepunkt: Die Zeiten ändern sich
Zögerlich fragen Menschen auch Johannes danach, was sie denn tun sollen, damit sich endlich etwas ändert. So gefragt, liefert Johannes, der eben noch das Gericht Gottes gepredigt hat, den Menschen einige Ideen und Einsichten. Sie sind geradezu gemäßigt in der Art und Weise, in ihrem überschaubaren Umfang. Was sollen wir denn tun? Was tun Sie, was tue ich?
„Was sollen wir denn tun?“, fragen ihn die Leute. Johannes bietet drei Tipps. Eigentlich ist es ganz einfach. Schauen wir uns diese drei Handlungsempfehlungen von Johannes noch einmal genauer an. Ich finde darin einiges, was wir auf uns, unser heutiges Leben übertragen können:
Besitzt du Geld oder hat das Geld dich besetzt? Geld bindet mich, meine Aufmerksamkeit, die Lebensenergie.
So bete ich: „Lass‘ los!“ Ich will Anderen ein bisschen mehr von dem vielen abgeben, was ich habe. Mir reicht ein Hemd, ich brauche dazu keine besonders tollen, superteuren Marken, seien die Angebote zum Black-Friday-Sale und Christmas-Shopping noch so unschlagbar günstig.
Konsum kurbelt die Wirtschaft an, aber wie wäre es damit, diese Kurbel auch anderswo in die Hand zu nehmen. Das kann eine Spende für den guten Zweck sein, z.B. Brot für die Welt oder „Save me“ und viele andere, soziale Projekte vor unserer Haustür…
Was brauche ich um zufrieden zu sein, was brauchen die anderen?
Spenden ist das eine, konkretes Tun das andere. Es geht noch unmittelbarer, im Alltag. Im Umgang mit den Menschen um mich herum. Wenn ich mich an geltende Gesetze halte, die dem Wohl der Gesellschaft dienen und damit auch mir. Das bedeutet, z.B. bei der Steuererklärung fürs vergangene Jahr keine allzu kreativen Wege zu finden, Steuern zu vermeiden, die wiederum in Bildung, Gesundheit und Soziales investiert werden. Am Ende profitiere ich vielleicht sogar wieder von dieser Umverteilung…
Und wenn es uns gelingt, aus dieser Freiheit heraus zu geben, aus dieser privilegierten Position heraus. Was machen wir mit dieser Vollmacht, anderen abzugeben?
Noch etwas sollen wir tun: Frieden üben. Keine Willkür, null Toleranz gegenüber Gewalt! Das ist offensichtlich und richtig. Die Würde des Menschen, sie ist so unantastbar (Grundgesetz BRD Art. 1) wie verletzbar. Ich meine damit insbesondere psychische Gewalt:
Mobbing, im Rudel – alle gegen einen, z.B. mit geschlossenen What’s-App-Gruppen in einer Schulklasse. Stehen wir dagegen auf, zeigen Mitgefühl und Solidarität – nicht nur zu Weihnachten. Ein klares: „Nein, ich finde nicht gut was du da machst“ – das reicht manchmal schon. Hinsehen statt wegschauen, damit so ein Stein gar nicht erst ins Rollen kommt und damit eine ganze, kaum zu kontrollierende Lawine auslöst.
Bereitwillig geben, anderen helfen und Frieden üben. Alle drei Handlungsanweisungen haben einen Imperativ:
Sei zufrieden, mit dem was du hast! Freu’ dich daran und teile diese Freude mit anderen Menschen. Schau’ nicht so sehr auf das, was du noch alles bekommen könntest. Schauen wir auf das was ist – und dann auf das, was kommt. Schauen wir nach vorne!
Johannes zitiert Worte des Propheten Jesaja (Jes 40,3-5) Wir haben sie in der Lesung gehört und noch einmal in dieser Predigt. Sie machen deutlich: wir stehen an einem Wendepunkt, nichts wird so bleiben wie es ist. Gericht und Gnade, das gibt es in den Worten von Johannes und Jesus nur im Doppelpack.
Gnade und Gericht, gibt’s beides
Ohne Gnade wären wir vor Gericht chancenlos, ohne Gericht hätte wiederum die Gerechtigkeit keinen Maßstab, herrschte Anarchie. Ich stelle mir diese Gerichtsbilder von Johannes so vor: Es wird einen Tag geben, an dem wir Rechenschaft ablegen müssen darüber, was wir getan haben und darüber, was wir unterlassen haben. Da bringt es nichts, schöne Worte zu machen, gute Miene zum bösen Spiel – Gott kennt das alles schon.
Auf mein alltägliches Handeln kommt es in der Zwischenzeit an. So wie ich dastehe, ich vor Gott und der Welt. Kann ich da bestehen? Ich glaube nicht. Da tut es mir unendlich gut, klarzumachen: Gott kommt zu uns, in diese Welt zu mir und dir, in uns hinein.
Er kommt zu uns – in aller Schwachheit einer Krippe, in den Dreck dieser Welt – um uns unsere Größe wieder zu geben, unsere Würde. Gott möchte uns dabei helfen, so zu werden, wie wir von ihm her gemeint sind, als Gottes Ebenbilder.
Mitten drin in dieser Bewegung sprechen Mystiker dabei von „Versenkung“ aber auch Einkehr – ist am Ende ein kaum noch zu erkennender Unterschied zwischen Gott und Mensch, zwischen dir und mir. Denn ER ist mitten unter uns. Im Hier und Jetzt, dieser Welt, in diesem Moment und alle Tage unseres Lebens.
Amen.
Predigt gehalten am 11. Dezember 2016 in der Evangelischen Auferstehungskirche KN-Litzelstetten
Artikelbild: maga/ Shutterstock
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