Gott, wo bist du? Wo ist Gott eigentlich. Und vor allem: Wo begegne ich ihm? Es gibt unzählige Möglichkeiten, Gott zu entdecken. Und ich stelle im Folgenden mal ein paar Möglichkeiten vor. In diesem Sinne: Frohe Ostern…
Da ist dieser Raum mit viel Musik, hohen Tönen, tiefen Tönen, sanft und manchmal ganz schön schrill. Musik, das ist ein Zugang um Gott zu entdecken. Und es gibt DIE Natur! Wie ich glaube: Gottes Schöpfung. Natur – dafür wohnen wir, wie ich finde, genau an der richtigen Stelle.
Mein Lieblingsort in den zwei Jahren die hier mit Ihnen und euch in der Gemeinde Vikar sein durfte, ist diese Bank an der Grundschule. Mein Blick schweift über die Mainau, den Bodensee, die Berge. Unterschiedliche Ebenen, hoch und tief, der See – mal schillernd wie ein Smaragd, mal schattiert – manchmal trist und grau. Jeder Tag ist anders, besonders am Wasser. Diese Weite!
Vielleicht haben Sie das Bild auf der Einladung gesehen hier beim hereinkommen, auf der Karte oder dem Poster – da stehe ich mit meiner Tochter, 3 Jahre alt. Mit ihren Augen entdecke ich gerade diese Welt, ganz neu. Der Frühling kommt, die Schneeglöckchen, Krokusse öffnen sich und so weiter und sofort…
Nochmal von vorne! Da gibt es viele Stege am See wo ich einfach ein paar Meter hinauslaufen kann, raus aufs Wasser. Dazu braucht es keine große Vorbereitung, kein Equipment. Vielleicht gönnen Sie sich noch eine Brezel vom Bäcker, einen Kaffee in die Hand.
Der Zugang zu Gott, zum Göttlichen in uns ist sozusagen „barrierefrei“ – alles was ich brauche sind ein paar Minuten Zeit zum nachdenken, die Seele baumeln lassen, mal durchatmen. Und dann der Reihe nach. Gehen wir sie ein Mal durch, die Elemente. Und hören die Schöpfungsgeschichte, das erste Kapitel der Bibel. Ich habe mir erlaubt, sie für heute umzuschreiben. Hören wir mal genauer hin. Und schauen – mit unserem inneren Auge. Zurück zum Anfang. Ganz nach vorne.
Tag 1: Licht und Dunkel
Das Licht ruft: „Was ist denn das da unten, kenne ich noch gar nicht!“
Die Erde kontert: „Hör’ auf mich zu blenden! Ich plätscher lieber vor mich hin“. Und Gottes Geist schwebt über den Wasserwogen. Er spricht: „Mehr Licht!“. Die Erde beschwert sich: „Viel zu hell, lass mir meine Dunkelheit“.
Klingt logisch, wo Licht hinfällt, gibt es auch Schatten. Das war der erste Tag.
Tag 2: Himmel und Erde
„Mir steht das Wasser bis zum Hals“ – beschwert sich die Erde, ins rechte Licht gerückt. Und der Himmel schaut zu. Ein Gewölbe soll her, findet die Erde. Gott räumt auf und sagt: „Oben Luft, unten Wasser – so soll’s sein“.
Das war er schon, der zweite Tag.
Tag 3: Wasser und Land
Die Erde ist unglücklich: „Oben Himmel, unten Wasser. Wo komm’ ICH da vor? Ich will auch einen Bereich haben, wo ich glänzen darf!“
Gott sieht das Missgeschick und gibt Anweisungen: „Erde hier geerdet, Wasser dort gesammelt. Alles an seinem Platz. Und apropos, liebes Wasser. Ich gebe dir gleich noch einen neuen Namen…. MEER.“ Die Erde ist wieder glücklich: „Yipppieh, Land in Sicht!“ Frisches Grün entsteht, mal was anderes als die vielen Blautöne vom Wasser. Ab jetzt ist alles grün-blau.
Das war der dritte Tag.
Tag 4: Stern und Sternchen
Das Licht ruft. Und prahlt: „Hey Erde, mich gibt’s schon seit Millionen von Lichtjahren. Das macht mir so schnell keiner nach…“. Die Erde denkt nach: „Mhh, du hast Recht. Aber, liebes Licht. Jetzt mal ehrlich, du bist ein ganz schöner Blender! Vor lauter Licht sehe ich gar keine Sterne mehr. Haste welche? Ein bisschen mehr Struktur, das würde dir gut tun…“ Gott hört das, schwenkt seine Laterne und schenkt dem Licht Sonne, Mond und Sterne. Das war der vierte Tag.
Tag 5: Features für alle!
Das Licht ist happy über die neuen Features: die goldnen Sternlein prangen, am Himmel hell und klar. Und der Mond scheint rund und schön. Aber was ist mit dem Wasser, der Erde und dem Himmel? Die wollen auch etwas Abwechslung. Auf Dauer wird’s ihnen langweilig. Gott guckt noch eine Weile zu und überlegt was er als Nächstes schafft
Das Wasser ruft: „Ich zuerst, mich gibt es fast genauso lange wie das Licht!“. Und bekommt Fische, Schildkröten und ein paar Seeungeheuer.
Der Himmel ruft: „Ich will auch!“ Und bekommt Vögel, Papageien und Flugdrachen. Vögel schwirren durch den Himmel, Fische tummeln sich im Wasser.
Die Erde ist darüber jetzt nicht so ganz glücklich. „Und was ist mit mir?“, fragt die Erde – leicht beleidigt. Gott antwortet: „Oops, dich habe ich ja fast vergessen, liebe Erde. Aber nur fast, denn für dich habe ich mir etwas ganz Besonderes ausgedacht“. Das war der fünfte Tag.
Tag 6: Mensch, Mensch
„Na, dann bin ich aber mal gespannt“, sagt die Erde zu Gott nachdem sie bei der letzten Runde leer ausgegangen ist. Sie bekommt von Gott Zebras und Schafe, Insekten und Geckos. „Ja, das ist ja alles schön und gut“, befindet die Erde. „Aber ich finde, da geht noch mehr. Was ist mit Intelligenz? Wie sieht’s mit der Fähigkeit aus, auch mal völlig neue Dinge zu entwickeln, zum Beispiel Smartphones und Hochleistungsserver die uns mit aller Welt vernetzen?“
Und Gott spricht: „Okay, du hast Recht, liebe Erde. Wir machen Menschen.“ Und die Erde dazu: „Mensch, was ist das?“ Gott antwortet: „Menschen, die uns ähnlich sind. Gar nicht so viel anders als du und ich.“ So schafft Gott den Menschen. Und damit nicht genug. Er bekommt zwei Zusatzaufgaben, die der Mensch aus dem FF können soll: Verantwortung und Vermehrung. Und so kümmert sich der Mensch ab jetzt um die ganzen Seeungeheuer, Flugdrachen und Geckos. Das war der sechste Tag.
Tag 7: Mach‘ mal Pause
Was waren das für Tage! Jeden Tag was Neues. Gott ist müde und muss sich einen Moment ausruhen – eine Kreativpause, um neue Kraft zu schöpfen. Für die Menschen ist diese Erfindung des Nichts-Tuns was Neues. Was kommt als Nächstes, welcher Fisch zappelt im Netz und mit wem teile ich meine Beute?
Wenn ich es bei meinen Aufgaben hier in der Gemeinde besonders eilig hatte, viele Termine und ich merkte: ich schaffe es einfach nicht, abzuschalten – trotz Yoga, aller guten Ratschläge, Bücher und Experten. Dann habe ich manchmal einfach den längeren Weg zur Arbeit gewählt. Mit dem Fahrrad statt dem Bus, SLOW Motion. Da habe ich angehalten, bin durch den Wald zur Lichtung, am See auf den Steg oder auf dem Berg auf die Bank. Alles nur ein paar Minuten von hier. Übrigens zu jeder Tages- und Nachtzeit erreichbar!
Entdecker-Geist
Es gibt so viel zu sehen, zu entdecken, zu schauen, wahrzunehmen. Sterne die am Firmament funkeln und manchmal auch „nur“ die Lichter am gegenüberliegenden Ufer, auch das bringt mich runter, vertreibt die Sorgen, richtet mich neu aus in Gottes großer Welt, in meiner Welt, in unserer – die so ist wie sie ist. Weiter Raum.
Vielleicht fragen Sie sich, vielleicht fragst du dich an dieser Stelle, was all das hier mit Gott zu tun hat und ob das hier überhaupt eine „richtige“ Predigt ist. Heute will ich euch etwas „mitgeben“, was ihr schon längst wisst, was ihr längst habt – und manchmal schlicht und ergreifend vergesst. Dass Gott da ist.
Ich glaube, dass sich Gott – der selbst in Jesus Christus Mensch wurde – in wirklich JEDEM von uns sich offenbart, in jeder Beziehung, aber auch alleine auf dem Weg durchs Leben, innen wie außen. Diese Bilder aus der Natur, die Bibel ist voll davon!
Play. Back!
Ein schönes „Copy and Paste“, wie ich finde. Redundanz. Das Leben lebt von Wiederholungen. Wir haben solche Bilder eingangs im Psalm gehört den wir miteinander gesprochen haben, da ging es um Felsen auf die wir bauen können, auch Steine die uns andere in den Weg legen und Gott, der unsere Füße dennoch auf weiten Raum stellt (Psalm 31).
Im Glaubensbekenntnis haben wir von ihm gesprochen, von Gott dem Vater, den Allmächtigen, der ALLES geschaffen hat, Himmel und Erde, die sichtbare und die unsichtbare Welt. Auch in der Predigt, die Jesus auf einem wunderschönen Berg mit Seeblick gehalten hat, da ging es ganz viel um Natur, um Schöpfung.
Wir haben Auszüge vorhin in der Lesung gehört, wo Jesus die Flora mit einbezieht und die Fauna, die Vögel ebenso wie die Blumen. ALLES ist von ihm geschaffen – und zu ihm hin! Alles ist EINS. Gott fügt zusammen, was zusammengehört, alles hat seinen Platz, seine Ordnung.
Gottes Geist
Alles was Jesus damit sagen will: „Es ist genug, dass JEDER Tag seine eigene Sorge hat!“ Bleibe im Moment, genieße ihn so gut du kannst, jeden Tag neu. Der Sonntag heute mag toll sein und der Montagmorgen, vielleicht findest du ihn furchtbar (wenn nicht gerade Rosenmontag ist).
So lange ich weiß, wo ich mit dieser Sorge alle Tage hingehen kann und ich einen Ort habe, an dem ich immer wieder auftanken kann – meine Batterien auflade, 24/7. Das kann hier sein oder am von hier aus gesehen anderen Ende der Welt, auf der Nordhalbkugel oder der Südhalbkugel (wir fliegen in ein paar Tagen nach Afrika in die Elternzeit).
Und, liebe Gemeinde, in der Hoffnung, dass Sie sich, dass ihr euch einen Gedanken aus meinen Predigten mitgenommen habt: Gott schwebt nicht irgendwo im All und er ist auch nicht der Mann mit dem weißen Rauschebart, Gott ist IN uns mit seinem Geist weht er wo ER will.
Weiter Raum
Gott stellt unsere Füße auf weiten Raum. Niemand kann IHN dir wegnehmen, diesen Gott. Niemand kann ihn kontrollieren und für sich vollends vereinnahmen. Keine Religion noch Institution, kein Staat und keine Kirche die ihn hier und dort beansprucht. Gott ist größer als du glaubst – weiter Raum, unendlich….
Mir geht’s nicht darum, Naturgesetze auszuhebeln. Auch nicht darum, die nächste Reformation anzuzetteln. Es geht mir schlicht und ergreifend darum, dass wir beginnen zu SPÜREN, dass du spürst, dass ich spüre: GOTT IST DA, in jedem einzelnen Atemzug, in jedem Moment, an jedem Ort dieser Erde zu jeder Tages- und Nachtzeit.
Gott ist da. Hier. Jetzt. Immer!
Dass wir das spüren können, das ist mir wichtig. Du Gott, stellst meine Füße auf weiten Raum. Lassen wir diesen Satz nochmal auf uns wirken… Und wer mag – Going Home – Intrinsic Focus laufen lassen (Klangbett)
- „Du stellst meine Füße auf weiten Raum“ (Ps 31,9b)
Menschen sind keine Marionetten. Sie sind Geschöpfe mit einer eigenen Würde, dem eigenen Willen – mal erlebe ich sie freier, mal gebundener.
- „Du stellst meine Füße auf weiten Raum“ (Ps 31,9b)
Und Gott, wo ist dieser Schöpfer eigentlich? Er geht mit, durch Glück und Leid, mitten im Leben ist er dort wo ich ihn am allermeisten brauche. Mitten im Leben!
- „Du stellst meine Füße auf weiten Raum“ (Ps 31,9b)
Da glaube ich alles Mögliche, aber ich habe auch Zweifel am Schöpfergott. Ich erwarte alles Mögliche von ihm, projiziere vieles Unmögliche in ihn hinein. Darunter allzu Menschliches. Aber auch Übermenschliches.
- „Du stellst meine Füße auf weiten Raum“ (Ps 31,9b
Ich erwarte von Gott alles Mögliche, aber auch Unmögliche. Zum Beispiel zu vergeben, wo mir das besonders in Beziehungen manchmal schwerfällt.
- „Du stellst meine Füße auf weiten Raum“ (Ps 31,9b)
Im Vertrauen auf Gottes Kraft schöpfe ich neuen Mut – und Ideen, selbst dann, wenn ich mich innerlich manchmal leer fühle.
- „Du stellst meine Füße auf weiten Raum“ (Ps 31,9b)
Gott, du bist größer als das Universum – du hast es geschaffen. Es vergrößert sich jede Sekunde um Millionen von Lichtjahren.
- „Du stellst meine Füße auf weiten Raum“ (Ps 31,9b)
Gott, du bist heller als die Sonne – du zündest sie an! Ohne ihr Licht gibt es kein Leben.
- „Du stellst meine Füße auf weiten Raum“ (Ps 31,9b)
Gott, du bist tiefer als das Meer – du hältst zusammen was zusammengehört. Unser Planet besteht zu 70% aus Wasser, unser menschlicher Körper ebenso.
- „Du stellst meine Füße auf weiten Raum“ (Ps 31,9b)
Gott, du bist Liebe – nach innen wie nach außen, nach hinten wie nach vorne. Und du weißt auch, was mich im Innersten bewegt.
10. „Du stellst meine Füße auf weiten Raum“ (Ps 31,9b)
Amen.
Predigt gehalten am 26. Februar 2017 in der Evangelischen Auferstehungskirche KN-Litzelstetten
Artikelbild: BlueOrange Studio/ Shutterstock
[…] Zentriert und verbunden mit dem unendlichen Universum richte ich mich aus. In Gottes großartiger Schöpfung. Sie beginnt in mir, meinem Ich! Und setzt sich fort im Du, meiner Umwelt. Dafür brauche ich keine […]
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