(Foto: Ryoji Iwata/ Unsplash)

Follow me!? „Ich sehe was, was du nicht siehst“

in Predigten von

Kommt und seht! Gleich mehrere Male treffen Menschen auf Jesus und jedes Mal sehen sie etwas Besonderes. Wir bekommen nicht direkt zu sehen, was sie sehen. Doch wir hören, welche Einsichten sie aus ihren Begegnungen mitnehmen. Sie verbringen einen schönen Nachmittag mit Jesus, nachdem sie seiner Einladung gefolgt sind – FOLLOW ME

Simon bekommt direkt einen neuen Namen, als Jesus ihn sieht. Schon beeindruckend, gleich bei der ersten Begegnung. Und dann noch „Fels“ – kein Spitzname… Jede Begegnung ist einzigartig. Der Evangelist Johannes zeigt uns verschiedene Titel wie „Rabbi“ und „Messias“ – „Christus“. Menschen verwenden sie für Jesus, basierend auf dem, was sie bei ihrer ersten Begegnung bereits in ihm sehen. Johannes macht uns neugierig. Geheimnisvoll. Ein Mystiker. Er enthüllt nicht, was es genau bei Jesus noch alles zu sehen gibt. Aber er betont, dass es wichtig ist, ihn zu sehen und zu erkennen als den wahren Heiland, den Christus.  

„Ich sehe was, das du nicht siehst“. Johannes fordert uns auf, Jesus persönlich zu begegnen und herauszufinden, wer dieser JESUS für uns ist. Wir können Jesus heute nicht im wörtlichen Sinne sehen, aber Johannes fordert uns auf, einen neuen Blickwinkel einzunehmen.

Dieser großartige Evangelist Johannes, philosophischer und geheimnisvoller als alle anderen Evangelien. Ausgerechnet er spielt gewissermaßen mit uns dieses Spiel: „Ich sehe was, dass du nicht siehst“. Nicht um uns vorzuführen oder zu ärgern. Ich bin mir sicher, der Mensch, der das geschrieben hat, will unseren Glauben wecken, an Jesus Christus. Um ihm nachzufolgen. Und Hoffnung zu schöpfen. Für manchen vielleicht sogar das sprichwörtliche Licht am Ende des Tunnels, dessen Perspektive alles verändern wird.

„Ohne Licht fällt zwar kein Schatten, viel sehen tun wir dann aber auch nicht“

Auf dass wir das erkennen können, was Jesus in uns sieht – unsere Chancen und Fähigkeiten, neudeutsch unsere „Skills“. Als die Menschen, die er ruft. Ob als Pfarrer, als Erzieherin oder Fischermann, als Handwerker oder Architektin des Glaubens. Lasst uns genauer hinschauen! Mehr möchte ich in meiner Predigt gar nicht sagen. Schauen wir doch mal vor unserem inneren Auge und schließen das äußere. Ich nehme euch mit auf eine kleine Phantasiereise…

  1. Schließe deine Augen. Jetzt. Lege deine Uhr ab, lass dein Handy in der Hosentasche. Mach dich einfach auf den Weg, zu Fuß – in Gedanken. Plane keine feste Route im Voraus, sondern lass dich leiten…  
  2. Wie fühlt es sich für dich an, einmal keinen festen Plan zu haben? 
  3. Spürst du die Freiheit oder auch die Unsicherheit, wohin dieser Weg dich führen wird? 
  4. Wie wäre es, nur aus Vertrauen heraus zu leben, geschehen zu lassen? Ist das überhaupt möglich? 
  5. Vielleicht möchtest du deine Gedanken in einem Gebet vor Gott ausdrücken. Nutze diese Zeit, um dich zu lösen von Zwängen, finde eine innere Ruhe… 
  6. Komm und sieh! Ich sehe etwas, das du nicht siehst. Jesus in dir. Um dich herum. Er geht voran. Geh doch einfach mit! 
  7. Ich glaube etwas, das du nicht siehst. 
  8. Ich sehe etwas, das du nicht glaubst. 
  9. Komm und sieh! Du siehst nun etwas, das du nicht geglaubt hast. 
  10. Du glaubst nun etwas, das du nicht siehst – oder doch? 

 Kennt ihr den Film „Ziemlich beste Freunde“? Er erzählt die Geschichte von zwei Menschen, die unterschiedlicher nicht sein könnten und doch beste Freunde werden. Lasst uns diese Geschichte als Beispiel nehmen, um zu verstehen, was es bedeutet, die Welt mit anderen Augen zu sehen. Ich versuch’s in 3 Punkten zusammenzufassen.

  1. Der Blickwinkel. Im Film haben die beiden Hauptcharaktere, Philippe und Driss, ganz unterschiedliche Lebenserfahrungen und Perspektiven. Philippe ist vom Hals abwärts gelähmt, hat viel Geld – sitzt aber im Rollstuhl. Und Driss ist ein ehemaliger Straftäter. Anfangs sehen sie die Welt aus ihrer eigenen begrenzten Sichtweise. Doch im Laufe der Geschichte lernen sie, die Welt mit den Augen des anderen zu sehen. Philippe erkennt, dass Driss ihm neue Möglichkeiten und Freiheiten eröffnet, während Driss lernt, die Schönheit im Leben zu entdecken und seine Talente zu nutzen.
  2. Das Spiel „Ich sehe was, das du nicht siehst“. Im Film spielen Philippe und Driss ein ähnliches Spiel. Sie entdecken gemeinsam die kleinen Dinge im Leben, die andere übersehen würden. Sie erkennen, dass es wichtig ist, genauer hinzuschauen und die Schönheit in den kleinen Momenten zu finden. Durch ihre Freundschaft öffnen sie sich für neue Perspektiven und entdecken eine Welt, die sie vorher nicht gesehen haben.
  3. Die Einladung, andere Menschen zu sehen. Im Film geht es nicht nur um die Freundschaft zwischen Philippe und Driss, sondern auch um die Begegnung mit anderen Menschen. Philippe und Driss lernen, die Bedürfnisse und Träume anderer zu erkennen und ihnen mit Offenheit und Empathie zu begegnen. Sie sehen die Menschen um sie herum nicht nur oberflächlich, sondern versuchen, ihre Geschichten und Gefühle zu verstehen.

Lasst uns wie Philippe und Driss sein, im Film, wie Petrus und Andreas, im Evangelium – die Welt mit offenen Augen sehen. Was auch immer du eben in der Meditation vor deinem inneren Auge gesehen hast, es ist bedeutsam, dieser andere Blickwinkel. Nimm es mit und mach was draus. Äußere Erscheinungen und Oberflächlichkeiten haben hier keinen Platz. 

Lasst uns gemeinsam singen, lachen, streiten und verzeihen. Seien wir bereit dazu, den ersten Schritt aufeinander zuzugehen. Machen wir neu die Augen auf und entdecken diesen Jesus Christus mitten unter uns. „Versuch’s doch mal mit anderen Augen zu sehen!“ In aller Freundschaft. Amen. 

Predigt gehalten am 9. Juli 2023 in der Pauluskirche zu Konstanz

Artikelbild: Ryoji Iwata/ Unsplash

Ich bin Jan Otte. Und möchte Menschen Mut machen. Das versuche ich mit Worten und Taten, mit meiner Schreibmaschine und dem Mikrofon, mit diesem Blog und Podcast. Und auf anderen Bühnen des Glaubens...