Bilanz zum Jahreswechsel: Höhen und Tiefen

in Predigten von

Silvester! Heute Abend feiern wir. Und auf diese Feier zum Jahreswechsel freuen sich viele Menschen. Diese Zeit ist etwas Besonderes, es ist unser Jahresrückblick. Über Bilanzen, Gewinne und Verluste und wie uns Gott dabei begleiten will…

Die Medien, Magazine und Sondersendungen – sie sind voller Angebote für so einen Jahresrückblick. Promis, Stars und Sternchen berichten aus ihrem Leben. Aber auf was, liebe Gemeinde, blicken Sie, blicke ich zurück?

Niemand kann mir das abnehmen, weder Journalisten noch Pfarrer. Ich muss das selbst „machen“, diesen Jahresrückblick. Ob besondere Ereignisse, mehr oder weniger erfreuliche Entwicklungen oder einfach nur das Bewältigen des eigenen Alltags. Der letzte Tag des Jahres. Für uns ist es die Gelegenheit, noch ein Mal zurückzublicken.

Aber blicken wir dabei wirklich nur zurück? Unser Rückblick ist ja immer auch ein Ausblick aufs kommende Jahr. Das Leben wird vorwärts gelebt – und rückwärts verstanden. Was feiern wir heute, an Silvester? Worauf stoßen wir an? Was wünschen wir uns? Und woraus schöpfen wir Mut?

Vor allem dann, wenn Veränderungen in unserem Leben anstehen. Wir hoffen auf ein gutes neues Jahr, hoffentlich wird es gut. Aber was genau kommt? Wir wissen es (noch) nicht.

Vielleicht wird es ein schweres Jahr. Aber selbst diese Schwere, sie wird nicht ohne Segen sein – so haben wir das eben mit Dietrich Bonhoeffers Worten ausgedrückt. Diese Worte bewirken etwas in uns, sie machen uns mutig(er), bringen uns zum Lächeln und manchmal auch zum Weinen. Wie geht es Ihnen, wie geht’s dir? Heute – und im Blick auf das (fast) vergangene Jahr?

Bilanz für das Jahr 2015

Wie sieht Ihre Bilanz für das Jahr 2015 aus? Eine Bilanz für das eigene Leben…. Sie überlegen noch, nach welchen Kriterien Sie dabei vorgehen? Ich auch.

Schnell mache ich mich abhängig von meiner eigenen Selbsteinschätzung oder der Einschätzung anderer Menschen um mich herum, ihrem Lob und Anerkennung. Das merke ich vor allem dann, wenn dieses Lob ausbleibt und etwas anderes kommt: Klagen, Lästereien und allgemeine Unzufriedenheit – meist hinter vorgehaltener Hand.

Wir wollen gut aussehen. Naja, zumindest nach außen hin. Und nach innen? Da sieht’s meist etwas anders aus. Wirtschaftsprüfer kennen das. Sie prüfen Unternehmen auf Herz und Nieren, sie beschäftigen sich mit Bilanzen.

Diese Bilanzen sind meist kurz, klar und übersichtlich aufgebaut. Diese eine Seite Papier im Buch, gefüllt mit wenigen Zahlen – sie löst jede Menge Gefühle aus. Und das bei vielen Beteiligten. Die Bilanz weist Gewinne und Verluste aus, in der Betriebswirtschaft ebenso wie in meiner eigenen Betriebsamkeit.

Lassen wir uns ein Mal auf diese Bilanzierung ein! Zumindest für einen Moment. Nicht die Gewinn-und-Verlust-Rechnung fürs Geschäftsjahr 2015 – die wird beim Finanzamt bearbeitet.

Höhen und Tiefen

Schauen wir auf unsere ganz persönlichen Höhepunkte, die Highlights – Höhen wie Tiefen. Momente an denen wir dieses Jahr besonders glücklich gewesen sind, aber auch an die Stunden, die schwer waren.

Beginnen wir unsere Bilanz – mit den Verlusten…

  • Wir vermissen Menschen, die letztes Jahr noch bei uns waren. Sie fehlen uns, unsere Gedanken sind oft bei ihnen…
  • Eine Lücke in unserem Lebenslauf, die weh tut. Auch dann wenn wir langsam lernen, mit dem Verlust zu leben.
  • Und vielleicht haben Sie noch ganz andere Dinge, die Ihnen in diesem Jahr sprichwörtlich auf der Seele lagen.

Und dann sind da die Erlebnisse des Jahres, die wir sozusagen auf der Gewinn-Seite „verbuchen“ können…

  • Wir freuen uns über Menschen, die wir dieses Jahr neu kennengelernt haben und vorher nicht kannten.
  • Über Menschen, die wir von einer ganz neuen Seite erlebt haben.
  • Menschen, die uns zur Seite stehen und spüren lassen: Ich bin für dich da wenn du mich brauchst.
  • Wir können uns auf sie verlassen. Was auch immer kommen mag…

Verluste und Gewinne, Ausgaben und Einnahmen, Soll und Haben –in der Bilanz einer Firma hängen sie eng miteinander zusammen. Geschäftsleute brauchen so eine Bilanz, zum Planen, Prüfen und Verwalten, damit alles schön im Gleichgewicht ist, die Kasse stimmt. Bilanz hat ja auch etwas mit Balance zu tun – Ausgleich.

Bilanz + Vision

Wir planen, machen und tun; wollen unsere „Produkte“ und Dienstleistungen an den Mann (oder Frau) bringen. Aber was hilft uns dabei? Der Blick auf die Bilanz allein reicht nicht. Es ist eben nur ein Abschluss.

Wir machen einen Rechnungsabschluss und ziehen Bilanz. Aber das Leben geht weiter. Und manchmal ist es auch kompliziert(er)! Der Jahresabschluss verhindert weder Zahlungsausfälle noch sichert er den künftigen Geschäftserfolg.

Wir brauchen mehr bei all unseren Unternehmungen: eine Vision, die uns „trägt“ – ein Mission Statement, wie es Betriebswirte sagen.Menschen brauchen eine allgemein gültige, verbindliche Botschaft: in guten wie in schlechten Zeiten, wenn das Konto im Plus ist – und auch dann, wenn ein dickes Minus davor steht.

Beim Lesen in der Bibel finde ich ein solches Mission Statement. Es führt mich weiter, nimmt mein ganzes Leben in den Blick – was auch immer kommen mag. Hören wir Worte, die Paulus an die Gemeinde in Rom geschrieben hat. Für mich ist es die Summe seiner Theologie. Paulus schreibt:

„Ich bin zutiefst überzeugt:

  • Nichts kann uns von der Liebe Gottes trennen –
  • nicht der Tod und auch nicht das Leben,
  • keine Engel und keine unsichtbaren Mächte.
  • Nichts Gegenwärtiges und nichts Zukünftiges
  • Und auch keine andere gottfeindliche Kraft.
  • Nichts Über– oder Unterirdisches
  • und auch nicht irgendetwas anderes, das Gott geschaffen hat.
  • Nichts von alledem kann uns von der Liebe Gottes trennen.
  • In Christus Jesus, unserem Herrn, hat Gott uns diese Liebe geschenkt.“

Quelle: Basisbibel – Römer 8,38/9

Soweit die Worte des Paulus, sein „Mission Statement“. Nichts kann uns trennen von Gott. Zwischen Gott und mich passt kein Blatt Papier, nicht mal meine eigene Bilanz!

Gottes Geleit

Die Liebe Gottes: nichts und niemand kann uns davon trennen! Was heißt das für unsere Bilanz, die Gewinne wie Verluste? Denken wir darüber nach, wie Gott uns begleitet bei all dem was uns bedrückt aber auch freut.

Gewissheit, Sicherheit, Geborgenheit. Seien wir mutig und vertrauen. Vertrauen wir uns selbst und einander – und somit auch Gott. Legen wir ihm all’ unsere Pläne hin, so fertig oder unfertig diese im Moment sind. So wie wir sind: mit unseren Stärken und Schwächen, Defiziten wie Potentialen. So will ich heute meine Bilanz, mein Leben unter die Zusage Gottes stellen. Ich bin gewiss, liebe Gemeinde: Im alten, wie im neuen Jahr will uns Gott begleiten.

Meine Welt mag sich ändern. Doch Jesus Christus bleibt der Gleiche: gestern, heute und in Ewigkeit. Sein Versprechen gilt. Nichts kann uns von seiner Liebe trennen. Es lohnt sich, mit ihm zu rechnen; auch im neuen Jahr.

Gewissheit und (neue) Hoffnung

Gehen wir froh und voller Hoffnung ins neue Jahr, kommen wir gut „rüber“. Und das nicht nur an Silvester, sondern in jedem Augenblick unseres Lebens.

Ich wünsche Ihnen und uns allen, dass wir das spüren können, immer wieder neu. Denn Gott ist hinter uns und vor uns, bei uns – vor allem aber: in uns. Gehen wir mit dieser Gewissheit ins neue Jahr!

Gemeinsam und mit Gott. Und ich bin mir sicher, er geht schon längst mit.

Amen.

Predigt gehalten am 31.12.2015 (Altjahrsabend) in der Evangelischen Auferstehungskirche Konstanz-Litzelstetten

Artikelbild: Melis/ Shutterstock

Ich bin Jan Otte. Und möchte Menschen Mut machen. Das versuche ich mit Worten und Taten, mit meiner Schreibmaschine und dem Mikrofon, mit diesem Blog und Podcast. Und auf anderen Bühnen des Glaubens...

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