Viele Menschen machen gerne ein Kreuz dran, an Checklisten. Der Hitzesommer liegt gerade hinter uns, Check. Und der Wutwinter möglicherweise noch vor uns – das klammern wir lieber noch mal aus. Corona, Klima und Krieg beschäftigen uns. Und wie wir meinen, uns mit Maßnahmen dagegen zu wappnen. Kombinationen und alternative Verlaufsformen mäandern durch mein Hirn. Doch all das kostet viel Kraft und Energie, von der so oft gerade in den Medien Rede ist. Wir denken neu über Bezugsquellen nach. Auf in den Bregenzer Wald…
Mal abgesehen von Gas und Brennholz. Worauf beziehen wir uns als Menschen, was gibt uns Halt und Orientierung, woher nehmen wir unsere Zuversicht? Und wo ist Gott in alledem eigentlich? Diese Fragen bekomme ich von Menschen unterschiedlichen Glaubens gestellt. Und ich stelle sie mir selbst immer wieder.
Ich glaube, Gott ist überall dort, wo der Himmel ist. Und der beginnt nicht erst am Horizont. Der Himmel, er kann bereits unter meinen Füßen beginnen. Nach oben, hinauf zum Gipfel und dann wieder runter – für mich ein, wenn nicht sogar der wunderbarste Zugang zum Göttlichen.
„Der Himmel, er kann bereits unter meinen Füßen beginnen“
Kein Wunder, dass im Bregenzer Wald drüben, dort im Alpstein und anderswo so viele Gipfelkreuze stehen. Immer noch! Und die Bibel ist voll von Berichten aus den Bergen. Zum Beispiel dieser Psalm hier,den ich sogar bei Beerdigungen immer wieder gerne einbringe. Er startet im 121. Kapitel gleich mit einem Bergpanorama: „Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen, woher kommt mir Hilfe? Meine Hilfe kommt vom HERRN, der Himmel und Erden gemacht hat“
Himmel und Erde
Mein Blick schweift beim Schreiben dieser Zeilen, draußen, immer wieder weit über den Bodensee, die Berge. Dort hinten die Kanisfluh, von der Konstanzer Rheinbrücke gut erkennbar. Dahinter thront der Große Widderstein mit seinen rund 2.500 Metern steht er dem Säntis in nichts nach. Dieser dominierende Gipfel zwischen Allgäuer Alpen und Lechquellgebirge, davor der Bregenzer Wald. Er wurde bereits vor 350 Jahren zum ersten Mal bestiegen. Ganz ohne moderne Technik, durch den Pfarrer aus dem Bergdörfchen Schröcken. Am Talschluss der Bregenzerwaldstraße, der L 200.
„Bergbegeisterte Geistliche“
Nun denn. Wenn also selbst Pfarrer ohne großartiges Training und Ausrüstung (die braucht es heute!) schroffe Gipfel erklimmen, dann können Sie das auch. So wie dieser bergbegeisterte Geistliche. Ich wünsche Ihnen im Wandermonat September ein fröhliches Gipfelkreuzen. Es muss ja nicht gleich der höchste Berg in der Region sein, auch die Umrundung ist schön und nicht ganz so alpin.
Und dass es Ihnen gelingt das eine oder andere Kreuz an (Un)erledigtes zu machen und dabei den Blick nicht zu verlieren auf den Schöpfer, der uns versprochen hat, bei uns zu sein.
Das Gipfelkreuz, dort oben weithin sichtbar montiert, unterstützt von einer Helikopter-Crew. Und Spendengeldern der umliegenden Gemeinden. Weil den Menschen dort, die Augen zum Himmel hebend, diese Perspektive so wichtig ist – mit beiden Beinen auf der Erde!
Geistlicher Impuls, veröffentlicht im SÜDKURIER, Regionalausgabe für Konstanz (27.8.2022)
Artikelbild: Jan Thomas Otte