Wie gehen wir miteinander um? Ein grosses Thema in der Adventszeit... (Foto: Gareth Harper/ Unsplash)

Aufrichtigkeit: Vom Advent zu wirklich besinnlichen Weihnachten, wie geht das?

in Impulse von

Die einen besinnen sich bei Punsch und Plätzchen daheim – verordnet durch Corona-Verordnungen. Andere beim 2G+Adventsessen mit Kolleg*innen im Restaurant oder in der Kantine. Und überall dort wo Menschen sich, ob mit oder ohne Weihnachtsfeier dieses Jahr, in die Haare kriegen. Wie wirkt da diese Idee vom Weihnachtsfrieden? Alles so ganz friedlich, froh und munter. Das wünschen wir uns auf Karten alle Jahre wieder. Geschmückt mit Rückblicken aber auch Ausblicken…

Klar ist: Ich muss mich ausrichten auf ein Ziel hin, auf den Weg machen. Wir treffen dabei manche wegweisende Entscheidung fürs neue Jahr. Wie zufrieden sind Sie mit sich gerade? Spüren wir doch mal unserem inneren Kritiker eine Weile nach. Gehen Sie ruhig mal stärker mit ihm ins Gericht! Denn Richten, das findet bei uns doch ständig statt im Alltag. In der Schule beim Endspurt mit vielen Klassenarbeiten, Notensammlung. Und auch beim Jahresabschluss, wo die Zahlen stimmen müssen. Die Bilanz im Backoffice ebenso wie der Kassensturz im Corona-gebeutelten Einzelhandel unserer Innenstadt…

Was an Entscheidungen war richtig, was falsch? Und was ist das „richtige“ Maß, zu beurteilen? Diese Frage bringt mich ins Grübeln. Gerade jetzt in diesen Tagen, im Advent. Wie urteilen Sie über Menschen? Nehmen Sie nur mal das Thema Impfpflicht. Wo nehmen wir uns das Recht heraus, über Menschen zu urteilen? Wo richten wir sie (wieder) auf? Und wie wichtig ist uns dabei das Urteil anderer!

„Mir ist’s ein Geringes, dass ich von euch gerichtet werde oder von einem menschlichen Gericht“

Apostel Paulus (1. Kor, 4,3ff.)

Der Apostel Paulus kennt sich aus mit unterschiedlichem Gerechtigkeitsempfinden. Er schreibt an die Gemeinde in Korinth (1. Kor, 4,3ff.) folgende Passage: „Mir ist’s ein Geringes, dass ich von euch gerichtet werde oder von einem menschlichen Gericht“. Paulus ist es, ehrlich gesagt, wohl total egal, was Leute von ihm denken. Und ist sich auch keiner Schuld bewusst. Unschuldig für etwas zur Rechenschaft gezogen zu werden, das kennen wir, oder? „Ich hab‘ doch gar nichts gemacht“. Doch, so schreibt der Apostel weiter, bin ich damit noch nicht gerechtfertigt, denn „der Herr ist’s, der mich richtet“. Was für eine Offenbarung, dieser Blick auf Gottes bedingungslose Liebe. Sie gilt unserem ganzen Leben, vom Anfang bis zum Ende. 

Kommen wir nochmal zum Anfang, zum Advent. In Adventsliedern finde ich genügend Stoff, mit dem ich mich aufrichten lassen möchte, immer wieder neu. Dieses hier berührt mich jedes Jahr und hat es als Choral sogar in Bachs Weihnachtsoratorium geschafft. „Wie soll ich dich empfangen?“ (EG 11). Als von Gott gerichteter Mensch fragte sich das auch Paul Gerhardt. In der Mitte des 17. Jahrhunderts hat er es geschrieben. Und der evangelische Theologe resümiert in der vierten Strophe: „Ich stand in Spott und Schanden, du kommst und machst mich groß und hebst mich hoch zu Ehren“. In diesem Sinne: Gehen wir aufrichtig durch diesen Advent! 

Geistlicher Impuls, veröffentlicht im SÜDKURIER, Regionalausgabe für Konstanz (11.12.2021)

Artikelbild: Gareth Harper/ Unsplash

Ich bin Jan Otte. Und möchte Menschen Mut machen. Das versuche ich mit Worten und Taten, mit meiner Schreibmaschine und dem Mikrofon, mit diesem Blog und Podcast. Und auf anderen Bühnen des Glaubens...