Ob der mit viel Herzblut vorbereitete Workshop, ein Block-Seminar an der Hochschule oder die letzte Unterrichtsstunde vor den Sommerferien. Ich plane alles Mögliche. Dann kommt es anders als man denkt. Und am Ende kommt das Feedback. Hand aufs Herz! Ich hasse Feedbackrunden. Und ich fürchte sie…
Teilnehmerinnen und Teilnehmer geben Rückmeldung, auch unaufgefordert. Einer fängt an, andere reihen sich ein. Startet der erste mit etwas Gutem, geht es meistens gut weiter. Prescht jemand vor, der nicht so happy war, reihen sich gleich die nächsten ein und motzen mitunter munter weiter. So oder so ähnlich funktionieren unsere Spiegelneuronen.
Vor was oder wem fürchten Sie sich? „Nur keine Angst!“ Kennen Sie das? Diesen Ratschlag von Menschen, die es gut mit einem meinen. Und damit das komplette Gegenteil erreichen. Angst zieht mich runter, sie fühlt sich schwer an. Doch es geht auch anders! Wenn ich es schaffe, mit diesem starken Gefühl, der Angst, umzugehen.
Meine Sichtweise beeinflusst, was am Ende dabei rauskommt – auch aus Feedbacks. Wissenschaftler behaupten sogar: Theorie konstruiert Wirklichkeit. Psychologen haben sich mit diesem Phänomen des Sehens beschäftigt und sprechen dabei von selektiver Wahrnehmung. Und das ist ja auch gut so: ich würde sonst wohl verrückt werden! Wenn all das, was ich sehe tatsächlich sehe, das Gute wie das weniger Gute, dann wäre ich wohl komplett überfordert.
„Fürchtet euch nicht! siehe, ich verkündige euch große Freude“
Sich nicht zu fürchten, das ist ein verbreitetes Motiv in der Bibel. Und es passt eigentlich immer, in mein Leben und auch unser Kirchenjahr, so mittendrin zwischen Ostern und Weihnachten. Ostern erinnere ich mich an die Frauen am leeren Grab. Engel, die sagen: „Fürchtet euch nicht! Ich weiß, dass ihr Jesus, den Gekreuzigten, sucht. Er ist nicht hier; er ist auferstanden, wie er gesagt hat“ (Mt. 28,5). Und dann wieder Weihnachten, besonders eindrücklich beim Krippenspiel. Auch dort rufen Engel: „Fürchtet euch nicht! siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird“ (Lk 2,10)
Wie gut, dass ich weiss, an wen ich mich wenden kann. Mit all‘ meinen Sorgen, dem was mich quält – manchmal auch nachts. So lese ich in der Bibel, zum Beispiel in einer der Abschiedsreden von Jesus Christus: „In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden“ (Joh 16,33). Und ich höre viel Musik, auch geistliches Liedgut. „Fürchte dich nicht“, von Samuel Harfst.
„In all den dunklen Stunden hab ich um dich gerungen. Niemand hat dich gezwungen. Ich hab dich gefunden“. So nehme ich mir vor, mich künftig weniger zu fürchten. Und dass wünsche ich Ihnen, auch in der Feedbackrunde: Sie fühlen sich sicher, geborgen und beschützt. Jeden Moment!
Geistlicher Impuls, veröffentlicht im SÜDKURIER, Regionalausgabe für Konstanz (31.7.2021)
Artikelbild: Olly/ Shutterstock