Weites Herz, im Himmel wie auf Erden (Foto: Germanskydiver/ Shutterstock)

Weites Herz: Mut zum Risiko

in Predigten von

Heute ist Valentinstag, viele kaufen ihren Liebsten Herzen aus Schokolade, Silber oder Blumen. Sie machen ihre Herzen füreinander weit. Und heute ist der erste Sonntag der Passionszeit, eine besondere Zeit, in der wir Gewohntes überdenken und unser Verhalten verändern können. „7 Wochen ohne Enge“. Das ist das Motto der diesjährigen Fastenaktion der Evangelischen Kirche. Das Herz weit machen – ein Fasten der besonderen Art. Stimmen wir uns darauf ein und machen unsere Herzen weit. „Mein Herz wird weit“ (Psalm 57)…

Herbert sammelt alles. Vor allem die kleinen Dinge. Im Wohnzimmer stapeln sich die ungelesenen Zeitungen. Die Küchenschublade quillt über. Dutzende leere Einmachgläser stauben vor sich hin. Herbert will sie irgendwann einmal mit Marmelade füllen. Die kleinen Dinge sind ihm wichtig.

Sammle ich etwas, drücke ich damit aus: Es ist mir wichtig. Es hat einen Wert für mich. Es gibt mir etwas. Jeder Mensch sammelt. Manchmal sind es große Dinge. Manchmal kleine. Manchmal ist es nur ein Gegenstand. Oft hängt unser Herz daran, am Gesammelten. Schwer, es dann wieder loszulassen. Ich besitze es. Und zugleich besitzt es mich.

Jesus, der Menschensammler, spricht: „Sammelt keine Schätze auf der Erde – wo Motten und Würmer sie fressen und wo Diebe einbrechen und sie stehlen. Sondern sammelt euch Schätze im Himmel– wo weder Motten noch Würmer sie fressen und wo keine Diebe einbrechen und sie stehlen. Denn wo dein Schatz ist, da wird auch dein Herz sein.“ (Mt 6,19-21)

Was ich sammle das ist mir wichtig. Jesus war Geld und Besitz nicht so wichtig. Ich gebe zu: So richtig komm’ ich da nicht mit. Einem Kurskollegen von mir ist folgendes passiert:

Für sein schickes Laptop hat Alex lange gespart. Das war es ihm wert. Er erinnert sich noch an diesen besonderen Moment, das heilige Stück auszupacken. Es ist einfach ein tolles Teil. Wunderschönes Design. Hardware und Software genau aufeinander abgestimmt. Das perfekte Laptop. Besser geht es nicht.

Alles ist irgendwie vergänglich, wirklich alles?

Und doch hat Jesus recht. Ein Glas Wasser und eine ungeschickte Bewegung später: Das Laptop von Alex ist kaputt, die Daten, das Material – was für ein Schock! Hat er doch lange dafür gespart. Tage in denen er wütend auf sich selbst war. Und irgendwie auch auf Gott. Warum muss ausgerechnet ihm das passieren?

Ein paar Wochen später geht Alex entspannter damit um. Er weiß: Letztlich ist es nur ein Laptop. Letztlich ist es „nur“ Geld. Gelassenheit. Entspannt sein, was meine irdischen Schätze betrifft. Das will ich von Jesus lernen. Denn er hat ja recht. Die irdischen Schätze vergehen. Und was ich mir hart erarbeitet habe, das kann mir im nächsten Moment auch wieder aus der Hand gleiten.

Jesus empfiehlt seinen Jüngern: Sammelt himmlische. Diese sind vor Raub und Verfall  geschützt. Himmlische Schätze. Himmlisch ist, was zu Gottes Welt gehört.

Himmlisch ist, was in Gottes Augen von Wert ist:

  1. Liebe deinen Nächsten – und dich selbst!
  2. Du sollst eine Meile mitgehen? Gehe zwei!
  3. Vergebe. Vergebe aus ganzem Herzen. Vergebe immer wieder. Und noch einmal. Vergebe.
  4. Bitte und dann vertrau auch, dass Gott dir gibt. Reichlich. Dir die Hände füllt.
  5. Liebe Gott! Und deine Feinde! Liebe von ganzem Herzen. Darin sei voller Leidenschaft.
  6. Sei ein Sammler. Ein Menschensammler. Sammle himmlische Schätze!
  7. Trachte zuerst nach Gottes Reich. Diene. Diene nicht, um groß rauszukommen. Lass Gott groß rauskommen.
  8. Gib’ freien Herzens. Teile. Teile dich mit. Teil dein Leben.
  9. Sei der letzte. Und werde damit zum Ersten.
  10. Besitze nicht. Sei ein guter Verwalter!

Jesus ist ein Sammler. Darin ist er voller Leidenschaft. Was ist sein Schatz? Es sind die Begegnungen mit Gott und mit den Menschen. Da wo mein Schatz ist, da wird auch mein Herz sein. Hängt mein Herz also nicht am Geld, so bin ich frei.

Wenn mein Herz nicht am Geld hängt, bin ich frei. Und wenn ich frei bin, dann kann ich damit auch „wuchern“ und es nach Herzenslust wieder ausgeben. Hören wir eine Geschichte, die Jesus seinen Jüngern erzählt hat.

Nach: Volxbibel, Matthäus 25,14-30

Ein Vermögensverwalter will sich eine Auszeit nehmen. Er organisiert ein Treffen mit seinen Angestellten und gibt jedem die Order, mit seinem Geld das Bestmögliche anzufangen. Dem besten der drei Mitarbeiter gibt er 500 000 Euro, der zweite bekommt 200 000 und der dritte 100 000 Euro. Dann nimmt er den nächsten Flieger nach Übersee.

Der Mitarbeiter mit den 500 000 Euro arbeitet viel mit dem Geld, macht jede Menge Aktiengeschäfte, kann am Ende sogar den Betrag verdoppeln. Auch der Zweite im Team ist recht erfolgreich: er investiert seine 200 000 Euro in Immobilien und verdoppelt ebenfalls seinen Einsatz.

Der Dritte im Bunde will auf Nummer sicher gehen. Die Börse ist für ihn zu unsicher. Und Immobilien? Dafür reicht der Betrag nicht ganz. Überweisen aufs Sparbuch? Das funktioniert angesichts von Minuszinsen (2015) auch nicht. Stattdessen stopft er es in einen Socken – in der untersten Schublade vom Klamottenschrank.

Kassensturz: Was zahlt sich aus, was nicht?

Nach ein paar Jahren kommt der Chef zurück. Er trifft sich mit seinen Mitarbeitern im Büro, um abzurechnen: der Mitarbeiter, der 500 000 Euro bekommen hatte, bringt eine Million zurück. Der Chef ist total begeistert, lobt ihn sehr. Eine Million Euro!

‚Sie haben es echt gebracht! Sie sind mit dem Geld sehr gut umgegangen, ich werde Sie befördern. Wenn Sie wollen, kommen Sie heute Abend zu meiner Gartenparty, Sie sind herzlich eingeladen!‘

Dann kommt der Mitarbeiter mit den 200 000 Euro und legt seinen Bericht vor. Auch er hat das ihm anvertraute Geld verdoppelt. Der Chef ist ebenfalls happy. Auch dieser Mitarbeiter darf heute Abend feiern gehen, bei der Welcome-Home-Party vom Chef.

Nun kommt der dritte Mitarbeiter an die Reihe, der mit den 100 000 Euro. Er sagt: ‚Sie sind doch immer so streng und hart drauf. Selbst wenn ich mich noch so abrackere, am Ende bekommen ja eh Sie den Gewinn. Und ich hatte irgendwie Angst, dass ich das ganze Geld an der Börse in den Sand setze. Darum hab ich es in meine Socken gesteckt, da war es ganz sicher. Hier haben Sie es zurück!‘

‚Sie Vollidiot! Hätten Sie das Geld doch wenigstens aufs Sparbuch gelegt! Da hätte es immerhin ein paar (wenn auch nicht viele) Zinsen gebracht. Nehmt ihm das Geld ab und gebt es den anderen. Die machen das Beste aus ihrem Leben und aus den Sachen, die man ihnen gibt. Denen kann ich mehr anvertrauen. Die aber mit dem bisschen, was sie haben, auch noch schluderig umgehen, die werden auch das verlieren. Schmeißt ihn raus. Er hat es zu nichts gebracht. ‘

Ich fühle mich angesprochen bei dieser dritten Person im Gleichnis von Jesus. Er hat es doch nur gut gemeint mit seinem Chef. Er wollte keinen Fehler machen, keine unkalkulierbaren Risiken eingehen. Er denkt: „Wenn das schief geht! Was würde mein Chef von mir denken?“ – „Ohne Risiko kein Gewinn“, kontert sein Chef. Den gewissenhaften, ehrlichen, aufrichtigen Mitarbeiter treibt die Angst vor möglichen Verlusten – und sie blockiert.

Wer nicht investiert hat bereits verlohren

Ob Sie sich reich fühlen oder nicht: in Gottes Reich ist kein Platz für Verlustängste. Der Gottessohn, Jesus fordert deutlich mehr Mut, den Mut auch mal etwas zu riskieren. Und die Bereitschaft, von dem was ich habe zu investieren – zum Glück der anderen, meinem Glück. Mal etwas riskieren. Auch wenn ich dabei vielleicht einiges verliere. Wichtig, dass ich dabei „flüssig“ bleibe, mein ganzes Glück nicht auf eine Karte setze. Unsere Gesellschaft lebt davon, dass Geld fließt – im Großen wie im Kleinen, möglichst frei, vom Herzen aus.

Wie wär’s denn damit? Mehr Freunde einladen, mal die Rechnung vom ganzen Tisch übernehmen. Lebe ich solch eine Großzügigkeit vor, vermehrt sie sich. Vielleicht nicht sofort, aber immer öfter. Freunde von mir machen das so. Sie investieren zusammen in ein soziales Projekt, eine Dorfschule im Norden Indiens.

Persönlichen Gewinn machen meine Freunde damit nicht. Im Gegenteil, sie legen „oben drauf“. Doch sie glauben an den Erfolg ihres Projekts. Ihre Spende bewirkt mehr, mehr als als die Summe aller Einzelspenden.

Ihre Patenkinder bekommen die Chance auf Bildung, zuerst in der Schule, später auf der Uni. Und damit die Möglichkeit auf ein Leben, das unser Engagement wert ist. Meine Freunde, die diese Projekt vorantreiben, sind sich sicher: diese Art von „Investment“ zahlt sich aus…

Wenn mein Herz nicht am Geld hängt, bin ich frei

Wenn mein Herz nicht am Geld hängt, bin ich frei. Und wenn ich frei bin, dann kann ich damit auch „wuchern“ und es nach Herzenslust wieder ausgeben.

Wie frei sind Sie, mutig und risikobereit? Wie frei bin ich? Wir könnten uns doch gemeinsam etwas vornehmen, besonders jetzt in der Passionszeit: mehr abgeben und teilen, von dem was wir haben – und sind. Wir sind so frei.

So bekommen auch andere etwas mit von den himmlischen Schätzen, während wir unsere irdischen Schätze teilen. Geben wir von dem was uns andere anvertraut haben, machen wir etwas daraus. Auf dass unser Herz weit wird! Und der Friede Gottes, welcher höher ist denn alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus. Amen.

Gehalten am 14.2.2016 in der Ev. Auferstehungskirche in KN-Litzelstetten. In Zusammenarbeit mit Alex Philipp, Vikar in Mannheim.

Artikelbild: Germanyskydiver/ Shutterstock

Ich bin Jan Otte. Und möchte Menschen Mut machen. Das versuche ich mit Worten und Taten, mit meiner Schreibmaschine und dem Mikrofon, mit diesem Blog und Podcast. Und auf anderen Bühnen des Glaubens...

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